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1.2 Ökosystemschutz, Biotopverbund

Ziele*:

Wald
  • großräumige natürliche Entwicklung des nördlichen Kellerwaldes als europaweit bedeutsamer Laubwald (Prozessschutz, geplanter Nationalpark)
  • Erhalt der großräumig naturnahen Laubwälder im gesamten Naturraum
  • Erhalt der bundesweit bedeutsamen Trocken-, Fels- und Blockwälder der Edersteilhänge sowie ihrer Totholzfauna
  • Erhalt kulturhistorischer Waldnutzungsformen

Offenland
  • Erhalt und Entwicklung der vielfältig strukturierten Kulturlandschaft, insbesondere der naturraumtypischen Feucht­wiesen und Sümpfe sowie extensiv genutzter Frischwiesen
  • Erhalt und Entwicklung / Biotopverbund der Magerrasen und Wacholderheiden, vor allem in den Räumen Frankenau, Waldeck und dem mittleren Kellerwald

Gewässer
  • Erhalt und Entwicklung der naturnahen Quellen, Waldbäche und Bach­täler des Kellerwaldes
  • Schutz der Gebiete für die Vogelrast und -brut
  • Erhalt der landesweit bedeutsamen Verlandungszonen und Schlamm­pionierfluren der Flachufer des Edersees

Sonderstandorte
  • Erhalt der Pfingstnelken-Felsfluren
  • Erhalt und Entwicklung der Lebensräume der Leitarten (s. über­nächste Seite)

Öffentlichkeitsarbeit
  • behutsame Präsentation und Vermittlung der Bedeutung der ´Naturschätze´ des Gebietes

* Landschaftsrahmenplan Nordhessen, Ziele für den Naturraum Kellerwald, ergänzt

Wälder

Der Naturpark Kellerwald-Edersee ist reich an naturnahen Laubwäl­dern. Besonders hervorzuheben ist das Waldgebiet südlich des Edersees (Waldschutzgebiet, FFH-Gebiet), das als größtes zusammenhängendes Silikatbuchenwaldgebiet im Zentrum des Verbreitungsareals der Rotbuche mit überdurchschnittlich hohem Anteil hoher Altersklassen (→ Band I, Kapitel 4.2) von herausragender Bedeutung für den Naturschutz ist. Dieses Gebiet soll einer natürlichen Weiterentwicklung überlassen (Prozessschutz) und als Nationalpark ausgewiesen werden. Für dieses Gebiet soll ein eigenes Entwicklungskonzept erarbeitet werden.

weitere besonders wertvolle Waldbiotopkomplexe aus naturnahen Eichen-, Buchen- und Hainbuchen-Trockenwäldern, Edellaubholz-Hangwäldern und Hutewald-Relikten, Fels-, Schutt- und Blockfluren finden sich auf den Steilhängen nördlich des Edersees. Sie beherbergen letzte Reste echter Urwaldpartien und höchst seltene Lebensgemeinschaften aus Holz bewohnenden Arten (Käfer, Hautflügler, Pilze, Flechten u.a.). Kleinflächig sind im Naturpark weitere Wärme liebende Hangwälder mit Traubeneichen vorhanden (→ Band I, Kapitel 3.5), die bundesweit als stark gefährdet gelten. Als weitere wertvolle und seltene Waldgesellschaften sind Schlucht- und Blockschuttwälder, arten- und teils geophytenreiche Laubwälder insbesondere im mittleren und südlichen Kellerwald, Kalkbuchenwälder (z.B. Katzenstein bei Waldeck), Auwälder (z.B. im Urff- und Gilsatal) sowie Reste von historischen Waldnutzungsformen wie Hute-, Nieder- und Mittelwälder zu nennen.

Die naturnahen und seltenen Laubwaldbiotope sollen möglichst ungestört erhalten und vorsichtig präsentiert werden. Der hohe Waldanteil insgesamt und der überdurchschnittliche Anteil von Laubwäldern und hohen Altersklassen sowie die zahlreichen Waldsonderstandorte (öffnet PlanPlan Nr. 5) stellen eine gute Voraussetzung für ein Biotopverbundsystem der Wälder dar. Durch gezielte Erhaltung und Förderung von Waldsonderbiotopen, insbesondere von Alt- und Totholzvorkommen sollte der Verbund dieser Lebensräume in Form von ´Trittsteinbiotopen´ gesichert und weiter entwickelt werden. Hinsichtlich der optimalen Verteilung dieser Biotoptypen im Hinblick auf die darauf spezialisierte Fauna sind weitere Untersuchungen erforderlich.

Offenland

Die landwirtschaftlich genutzten Flächen insbesondere im mittleren und südlichen Teil des Naturparks Kellerwald-Edersee weisen einen hohen Anteil schützenswerter Grünlandgesellschaften auf, insbesondere Frisch-, Feucht- und Nasswiesen in den Talauen und Talursprungsmulden. Als weitere wertvolle Biotoptypen des Offenlandes sind Kalkmagerrasen insbesondere im nördlichen und östlichen Randbereich des Naturparks (Zechsteingebiet), Borstgrasrasen und Heiderelikte im Lorfetal sowie zahlreiche Hecken und Feldgehölze zu nennen.

Die Erhaltung dieser Biotoptypen ist nur durch extensive Nutzungsformen oder Pflegemaßnahmen möglich. Deshalb wird angestrebt, eine extensive Nutzung in Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Betrieben zu sichern (→ Kapitel 2.1) und ein Biotopverbundsystem von Magerrasen und Heiden sowie von Feucht- und Auenwiesen zu entwickeln.

Gewässer

Die zahlreichen naturnahen Quellen, Waldbäche und Bachläufe mit überwiegend sehr guter bis guter Wasserqualität sollten erhalten und unter Einbeziehung der Uferzonen und Talauen zu einem Gewässerbiotopverbund vernetzt werden. Dazu sollten die Gewässerabschnitte geringerer Strukturgüte, die insbesondere im Bereich landwirtschaftlicher Nutzflächen und im Umfeld von Siedlungen zu finden sind (→ Band I, Kapitel 3.4), renaturiert werden. Vorrangig sollten solche Fließgewässerabschnitte verbessert werden, die Unterbrechungen in sonst nur wenig beeinträchtigten Gewässern darstellen, so dass mit relativ geringem Aufwand große zusammenhängende naturnahe Gewässerabschnitte wieder hergestellt werden können (→ Kapitel 2.3).

Der Edersee, der Affolderner See und das Hochspeicherbecken sind als Zugvogel-Rastbiotope von überregionaler Bedeutung. Beeinträchtigungen und Störungen dieser Funktion sollten daher ausgeschlossen werden.

Die Verlandungsvegetation und Schlamm-Pioniervegetation im westlichen Ederseegebiet beherbergen landesweit gefährdete Pflanzenarten und Biotoptypen. Sie stellen eine Besonderheit dar, die künftig stärker herausgestellt und vorsichtig präsentiert werden könnte.

Sonderstandorte

Die hessenweit einmaligen Pfingstnelkenfluren auf den Felssteilhängen des Ederseegebietes sollten unbedingt geschützt und an geeigneten Stellen behutsam für Interessierte erschlossen werden.

Leitarten

Der Naturpark Kellerwald-Edersee beherbergt entsprechend seinen vielfältigen Lebensräumen eine artenreiche Flora und Fauna, darunter eine große Anzahl seltener und gefährdeter Arten. Als charakteristische und Wert gebende Arten, die für die naturräumliche Situation und Biotopausstattung des Naturparks typisch sind, können die nachfolgend aufgelisteten Tier- und Pflanzenarten angesehen werden (Frede, A. u. Panek, N., 2003):

Säugetiere
Rothirsch
(Wildkatze)
Großes Mausohr
Großer Abendsegler
Bechsteinfledermaus
Große Bartfledermaus
Wasserfledermaus
Braunes Langohr
Vögel
Schwarzstorch
Rotmilan
Schwarzmilan
(Wespenbussard)
(Wanderfalke)
Uhu
Raufußkauz
Kolkrabe
Schwarzspecht
Grauspecht
Mittelspecht
Hohltaube
Dohle
Waldschnepfe
(Haselhuhn)
(Zwergschnäpper)
Trauerschnäpper
Raubwürger
Neuntöter
Wasseramsel
Gebirgsstelze
Haubentaucher
Graureiher
Lurche
Geburtshelferkröte
Feuersalamander
Kriechtiere
Schlingnatter
Zauneidechse
Fische
Bachneunauge
Groppe
Insekten
Eremit
Hirschkäfer
Kopfhornschröter
Balkenschröter
Steppengrashüpfer
Schwarzfleckiger
Heide-Grashüpfer
Spanische Flagge
Kaisermantel
Dukatenfalter
Sonstige
Alpenstrudelwurm
Dunkers Quell-
schnecke
Köcherfliege
Crunoecia irrorata
Grundwasserkrebs
Niphargus schellen-
bergii
Pflanzen
Pfingstnelke
Astlose Graslilie
Deutsche Hundszunge
Großblütiger Fingerhut
Dreizähniges Knaben-
kraut
Mehlbeere
Elsbeere
Felsenmispel
Seidelbast
Breitblättriges Kna-
benkraut
Schmalblättriges
Wollgras
Fieberklee
Teufelsabbiss
Heilziest
Knöllchensteinbrech
Schwarze Teufelskralle
Heidenelke
Arnika
Waldläusekraut
Sprossender Bärlapp
Märzenbecher
Hirschsprung
Schlammling
Mauergipskraut
Saathohlzahn
Ästiger Stachelbart
Buchen-Schleim-
rübling
Leberreischling
Mosaikschichtpilz

Die Lebensräume dieser Arten repräsentieren die wichtigsten Biotoptypen des Gebiets, insbesondere die ausgedehnten, wenig gestörten Laubwälder mit Alt- und Totholz, die besonderen Waldgesellschaften auf den Ederseesteilhängen, die naturnahen Gewässer, die vielfältige Kulturlandschaft mit Feucht­grünland, Magerrasen, Heiden und Feldgehölzen, die Sonderbiotope auf den Fels­schuttfluren sowie die Verlandungszonen an den Edersee-Flach­ufern. Ziel muss es sein, diese Lebensräume dauerhaft zu erhalten.

Für den Naturpark Kellerwald-Edersee liegt eine flächendeckende Artenerfassung vor (Lehmann, 2003; Becker, Frede und Lehmann, 1996). Es wurden über 1.150 ver­schiedene Farn- und Blütenpflanzen kartiert, davon 174 besonders bemerkenswerte Arten (Rote-Liste-Arten und sonstige seltene Arten). Insgesamt 86 Arten aus früheren Kartierungen wurden bei der neuesten Kartierung (2002 / 2003) nicht mehr aufgefunden.

Öffentlichkeitsarbeit

Je mehr Menschen die ´Naturschätze´ des Kellerwaldes erleben und deren Bedeutung kennen lernen, desto eher ist auf Dauer die Erhaltung dieser wertvollen Lebensräume und Landschaftselemente möglich. Deshalb sollten die bereits vorhandenen Angebote an naturkundlichen Führungen, naturraumspezifischen Erlebniswanderungen, Vortragsreihen und Veranstaltungen weiter ausgebaut werden. Einen wichtigen Beitrag dazu können die vorhandenen und geplanten Themenpfade (→ Kapitel 3.2 und → 3.8) leisten.

Zielkonzept des Arbeitskreises Naturschutz

Als Hauptziel nennt der Arbeitskreis Naturschutz, ein zukunftsfähiges Gesamtkonzept für den Naturpark zu entwickeln (Vorbildlandschaft für Naturschutz, sanfte Erholung und nachhaltige Regionalentwicklung) und echte Alleinstellungsmerkmale der Region herauszuarbeiten. Das bedeutet im Einzelnen:

  • Waldschutzgebiet: Deutschlands größte natürliche Entwicklungszone im bodensauren Buchenwald (Naturerbe, Alleinstellungsmerkmal / Prädikat, Förderprogramme)
  • Edersee-Steilhänge: Sicherung und sanfte Erschließung (Natura 2000, Urwald-Erlebnissteig)
  • Edersee: stille Oasen neben modernem Freizeittourismus (kreative Verkehrsberuhigung, Fischereikonzept)
  • Entwicklung der reizvollen Kulturlandschaft im mittleren Kellerwald (bäuerliche Landwirtschaft, Biotopverbund, Landschaftspflege insbesondere von Magerrasen, Heiden, Feuchtwiesen)
  • naturgemäßer Waldbau im mittleren und südlichen Kellerwald (Praxismodell, Holz-Energiemarkt)
  • Herausarbeitung der natürlichen Qualitäten im Hohen Keller (Aufwertung, sanfte Erschließung und Präsentation, Geologie)
  • Perlenkette attraktiver touristischer und kultureller Angebote (Natur exklusiv und Wellness, Pfade in die Natur, Haustierpark…)
  • touristische Vernetzung mit dem Geopark Waldeck-Frankenberg (Besucherangebote, geologische Stationen)
  • Verkehrs- und Besucherlenkungskonzept (Besucherservice, Erlebnis- und Ruhezonen)
  • einvernehmliche Konfliktregelung (Bekenntnis zu Leitbildern, Kooperation und Aufklärung)

Folgende Maßnahmen werden vom Arbeitskreis Naturschutz empfohlen:

  • Klärung der Schutzfrage / Prädikatisierung Waldschutzgebiet / FFH-Gebiet, Nationalpark- ausweisung
  • Förderantrag LIFE-Natur oder Naturschutzgroßprojekte
  • Betreuungsauftrag Modellprojekte Landschaftspflege (Wiederbelebung / Ausweitung)
  • Biotop-Regenerationsprojekt Hoher Keller mit Besucherlenkung
  • durchdachte Ergänzung des Natura 2000-Netzes im mittleren und südlichen Kellerwald
  • Landauffanggesellschaft / ökologische Flurbereinigung1
  • Praxis-Vergabemodell Milchquoten und Mutterkuhquoten
  • Landschaftspflegehöfe (Landschaftspflegeverband)
  • Haustierpark (alte Rassen)
  • kreative Biomasseverwertung (Biogas u.ä.)
  • Wacholderheide-Regenerationsprojekte
  • Aufbau von Beweidungssystemen (Extensivrassen / Kellerwälder Rotvieh, Hüteschäfereien, halboffene Weidelandschaft...)
  • Biotopverbundprojekt Feuchtwiesen und Sümpfe
  • Gewässerrenaturierung an ausgewählten Stellen
  • Anschauungsmodell ´Naturgemäßer Waldbau´
  • Wildmanagementkonzept Waldschutzgebiet
  • innovatives Fischereikonzept
  • Urwalderlebnissteig
  • Pfade in die Natur (mit Gästebetreuer-Agentur)
  • Einrichtung von Stationen des ´Europäischen Geoparks´

Die ´ökologische Flurbereinigung´ dient dem Ziel, für den Naturschutz wertvolle Bereiche durch Flächentausch, -kauf oder -pacht so zusammenzuführen, dass eine zusammenhängende extensive Bewirtschaftung möglich wird.

Ende Zitat Arbeitskreis Naturschutz

  Hahnberg, Reinhardshausen
Foto 8: Hahnberg, Reinhardshausen
 
  Homberg
Foto 9: Homberg
 

   
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