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2.2 Forstwirtschaft

Ziele der regionalen Entwicklungsgruppe Kellerwald-Edersee

Ziele:
  • nachhaltige und naturnahe Bewirtschaftung der Wälder durch möglichst optimale Verbindung von ökonomischen und ökologischen Zielen
  • Erhalt und natürliche Entwicklung der überregional bedeutsamen Laubwaldkomplexe (Prozessschutz) im FFH-Gebiet Kellerwald
  • Aufbau eines Waldbiotopverbundsystem, in dem alle naturnahen Waldgesellschaften der Normal- und Sonderstandorte repräsentiert sind

Waldbewirtschaftung, Waldpflege und deren Umsetzung

(Zitat aus dem mittelfristigen Entwicklungskonzept für die Region Kellerwald-Edersee, Vorstand der Arbeitskreise, 1999)

  • Angestrebt werden sollen dauerwaldähnliche, wertholzreiche und stabile, stufig aufgebaute und ungleich alte Mischbestände, die langfristig eine nachhaltige und möglichst hohe Nutzung wertvoller Holzsorten erlauben. Dabei zugleich Orientierung der Waldwirtschaft an naturgesetzlichen Entwicklungen mit klimaxorientierten Bestockungszielen (standortgerechte Baumartenzusammensetzung, hoch entwickelte Bestandsstruktur, zwei- oder mehrschichtiger Bestandsaufbau).
  • Erhaltung und Förderung der forstlich gewollten Dominanz wertvoller und Ertrag bringender Bäume, der Vielfalt der möglichen Baumarten, des Zwischen- und Unterstandes sowie einer strukturreichen Strauch- und Krautflora.
  • Erreicht werden soll dies durch stetige deckungsbeitrags- und vorratsorientierte Pflegeeingriffe in den verschiedenen Alters- und Stärkestufen, konsequente Betonung der Naturverjüngung und grundsätzlich kahlschlagfreies waldbauliches Vorgehen. Dabei Orientierung der Waldbewirtschaftung an der potenziellen natürlichen Vegetation und den inter- und den intraspezifischen Konkurrenzverhältnissen.
  • Ausnutzung von Pionier- und Vorwaldstadien auf problematischen Freiflächen sowie für die Nachzucht empfindlicher und seltener Baumarten.
  • Gezielte Erstaufforstungen und gelenkte Freiflächen-Sukzessionen auf in Frage kommenden Flächen bieten zusätzliche Möglichkeiten einer naturnahen Waldmehrung und können Entlastungen des Pflegeaufwandes gegenüber Offenhaltung erbringen.
  • Weitest gehender Verzicht auf Chemieeinsatz zu Gunsten einer ´Selbstregulation´ bzw. ´Selbstabpufferung´ des Ökosystems.
  • Gezielter, gut organisierter und pfleglich ausgeführter Einsatz von Holzernte- und Rückemaschinen unter Berücksichtigung waldökologischer Belange (Bodenschutz, Witterung, Rückegassen). Sofern sinnvoll, auch Einsatz von Rückepferden zur Vorlieferung in Jungbeständen.

  • Sicherung waldökologisch tragbarer Wilddichten nach wildbiologischen Erkenntnissen; (Ziel: Abschussvollzug orientiert an den Biotop-Erfordernissen).
  • Erhöhung der Nachfrage nach schonend genutztem heimischen Holz durch gezielte Verbesserung der Absatzbedingungen im Sinne von ´kurzen Wegen´ (Vermarktung in der Region) und im Sinne geschlossener Stoffkreisläufe, durch Förderung der Erweiterung und Ansiedlung von Holz bearbeitenden und Holz verarbeitenden Betrieben (insbesondere zur Abdeckung der Nachfrage-Defizitbereiche für schwaches und qualitativ geringwertiges Holz) und Werbung für Produkte aus heimischem Holz.
  • Auf der Grundlage einer Regionsanalyse (potenzielle Holzfeuerungsanlagen und deren Umsetzungsprognosen) gezielter Aufbau eines regionalen Holz-Energiemarktes (Brennholz, Hackschnitzel) zur Sicherung der Absatz-, Pflege- und Einkommenssituation als gleichzeitiger Beitrag zur Minderung des Treibhauseffektes (s. hierzu auch Leitbild Energie und Klimaschutz).
  • Erhalt und Pflege historischer Waldnutzungsformen (Hutewald, Niederwald, Mittelwald) und Förderung einer naturverträglichen extensiven Nutzung kleinflächiger Bauernwälder.
  • Erhalt, Regeneration und Weiterentwicklung von bestehenden und potenziellen Wald-Sonderstandorten durch Schonung oder Umgestaltung: Feucht- und Auenwälder einschließlich naturnaher Ufergehölze, Blockhalden, Felsfluren etc.
  • Bewusstes Hinwirken auf angemessene Anreicherung von stehendem und liegendem starkem Totholz (Höhlen- und Brutbäume etc.) im Zuge der Waldbewirtschaftung. Erhalt auch kleinflächiger Waldstrukturen.
  • Erhalt und Schutz typischer Wald-Lebensräume durch gezielte Artenschutzmaßnahmen (Fledermäuse, Schwarzstorch, Uhu, Wildkatze, Rotmilan etc.).
  • Aufbauend auf den Erkenntnissen der Waldbiotopkartierung Weiterentwicklung eines in die Waldbewirtschaftung integrierten Naturschutzkonzeptes.
  • Umsetzung der speziellen Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Wald über entsprechend finanzierte Instrumente.

Ende Zitat Arbeitskreis

Im Hessischen Staatswald und fast allen betreuten Betrieben werden die folgenden Grundsätze der naturgemäßen Wirtschaftsweise berücksichtigt, die den oben zitierten Zielen in wesentlichen Teilen entsprechen (Grund­sätze für den Waldbau im hessischen Staatswald):

  • Dauerwald, Mischung, Stufigkeit:
    ´Dauerwaldstrukturen entwickeln, Ungleichaltrigkeit und Stufigkeit fördern, den Mischwaldcharakter generell fördern, Strukturreichtum durch Ungleichaltrigkeit und Stufigkeit´
  • Vielfalt im Zwischen- und Unterstand, strukturreiche Strauch- und Krautflora:
    ´Förderung von Misch- und Nebenbaumarten´
  • Nutzungsform, Ökonomie:
    ´Holzernte als dekonzentrierte Einzelbaumnutzung nach Wertentwicklung, stetige Erziehung und Pflege nach dem Ausleseprinzip´, weit gehender Verzicht auf Kahlschläge und schnelle Abräumung
  • Naturverjüngung:
    ´Regeneration möglichst unter langwährendem Schirm von Altbäumen aus natürlicher Ansamung´
  • Pionier- und Vorwaldstadien:
    ´Ausnutzung von Vorwald und Sukzessionsprozessen zur Wiederbegründung von Wald nach Störungen´
  • Pestizideinsatz:
    ´Minimierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes, Biozide weitgehend vermeiden, Fähigkeit des Waldes zur Selbstregulation stärken´
  • Bodenschutz:
    ´Natürliche Vielfalt des Waldes erhalten, Dynamik beachten, Stabilität fördern, Schäden an Wald und Boden vermeiden, boden- und be­standspflegliche Holzernte und Holzbringung
  • Wild:
    ´für naturgemäßen Waldbau betriebswirtschaftlich und ökologisch tragbare Wildstände halten, Anpassung zu hoher Wildstände´
  • historische Waldnutzungsformen:
    ´Bewahrung ausgewählter Flächen durch Aufrechterhaltung alter Waldbauverfahren´
  • Totholz:
    ´Einzeln, trupp-, gruppenweises Belassen von Bäumen...... bis zum vollständigen Zerfall´

Quelle: Grundsätze für den Waldbau im Hessischen Staatswald (2001)

Der Naturpark Kellerwald-Edersee ist reich an naturnahen Laubwäldern und Waldbiotopen auf Sonderstandorten (→ Band I, Kapitel 4.2). Diese Waldkomplexe sind von herausragender Bedeutung für den Natur- und Artenschutz (→ Band I, Kapitel 3.5 und → 3.6).

Für die natürliche Entwicklung eines großflächigen Laubwaldkomplexes (Prozessschutz) ist das FFH-Gebiet Kellerwald / Waldschutzgebiet geeignet, das als Nationalpark ausgewiesen werden soll.

Der hohe Waldanteil insgesamt und der überdurchschnittliche Anteil von Laubwäldern und hohen Altersklassen (→ Band I, Kapitel 4.2) sowie die oben beschriebene naturgemäße Waldbewirtschaftung stellen eine gute Voraussetzung für ein Biotopverbundsystem der Wälder dar. Hinsichtlich der bodensauren Buchenwälder ist dieser Biotopverbund bereits weit gehend vorhanden.

Bei den verschiedenen wertvollen Waldsonderbiotopen (öffnet PlanPlan Nr. 5) sind nähere Untersuchungen über die räumliche Verteilung und die Lebensraumansprüche der dafür typischen Arten erforderlich. Z.B. sollten Altholzinseln und Totholz innerhalb der Waldgebiete in einem für die auf diesen Lebensraum spezialisierte Fauna überwindbaren Abstand erhalten bzw. entwickelt werden (´Trittsteinbiotope´).

Kleinflächig vorhandene Auenwälder (z.B. im Urfftal) sollten durch Umwandlung einzelner Nadelholzbestände auf Auenstandorten miteinander verbunden bzw. ergänzt werden.


   
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